Die paritätischen Berufskommissionen (PBK) sind die Organe zur Kontrolle der Einhaltung der verschiedenen Gesamtarbeitsverträge (GAV), welche von den Sozialpartnern verhandelt werden. Wenn die Partner die Notwendigkeit eines GAV in einer Branche nachweisen, wird dieser vom Bundesrat oder vom Staatsrat – je nach der geografischen Ausdehnung – allgemeinverbindlich erklärt. Diese Entscheidung macht den Vertrag für alle Arbeitnehmenden und -gebenden des Berufs verpflichtend. Die Vertragsparteien selbst übertragen der PBK das Mandat, bei den unterstellten Unternehmen die korrekte Anwendung des GAV zu überprüfen.
Dazu können die PBK Kontrollen auf den Baustellen und in den Unternehmen durchführen. Sie können dafür Nachweise für die Einhaltung der GAV-Bestimmungen einfordern und von den Arbeitgebenden die Bereitstellung der Lohnabrechnungen verlangen. Sollte ein Unternehmen gegen den GAV verstossen, wird eine Abrechnung der Lohnfehlbeträge erstellt und eine Konventionalstrafe verhängt.
Die Kontrollen in den Walliser Unternehmen haben gezeigt, dass die festgestellten Verstösse meist auf mangelnde Kenntnis des GAV und nicht auf Betrugswillen zurückzuführen sind. Die häufigsten Verfehlungen betreffen die Lohnberechnung ohne Berücksichtigung der Ferien, der Feiertage und des 13. Monatslohns. Zudem werden Überstunden häufig ohne den vertraglich geregelten Überstundenzuschlag entrichtet.
Bei Kontrollen ausländischer Unternehmen hingegen, die Personal ins Wallis entsenden, wurde des Öfteren unlauterer Wettbewerb in Form von Lohnunterbietung festgestellt. Die PBK bearbeiten eine Vielzahl von Fällen und sorgen dafür, dass ausländische Unternehmen, die aus internationalen Lohnvergleichen resultierenden Lohnzuschläge gemäss den Richtlinien des SECO zur Gewährleistung eines gesunden Wettbewerbs entsprechend, entrichten. Im Allgemeinen bezahlen die Unternehmen die geschuldeten Beträge. Sollte dies nicht der Fall sein, spricht die Dienststelle für Arbeitnehmerschutz und Arbeitsverhältnisse des Kantons Wallis Sanktionen aus, die bis hin zu einem schweizweiten Arbeitsverbot führen können.
Einhaltung der GAV | |
203 Behandelte Fälle | |
Überwiesene Lohnfehl-beträge | CHF 187 189.– |
Eingenom-mene Konventional-strafen | CHF 117 529.– |
Eingenom-mene Verwaltungs-kosten | CHF 24 382.– |
103 behandelte Fälle ohne Verstoss |
Schwarz- und Samstagsarbeit | |
299 Behandelte Fälle | |
– – | |
Eingenom-mene Konventional-strafen | CHF 144 580.– |
Eingenom-mene Verwaltungs-kosten | CHF 16 725.– |
121 behandelte Fälle ohne Verstoss |
Entsandte Arbeitnehmer | |
396 Behandelte Fälle | |
Überwiesene Lohnfehl-beträge | CHF 177 750.– |
Eingenom-mene Konventionalstrafen | CHF 221 676.– |
Eingenom-mene Verwaltungs-kosten | CHF 30 000.– |
217 behandelte Fälle ohne Verstoss |
ISAB-SIAC.
Dem Beispiel des Ausbaugewerbes im Jahr 2023 folgend, nutzen inzwischen sämtliche PBK des Bauhandwerks seit dem 1. Mai 2024 die ISAB-Plattform. Die Unternehmen können daher jederzeit Belege zu ihrer GAV-Konformität anfordern, die Informationen zum entsprechenden GAV enthalten und nachweisen, dass ein Unternehmen seinen Verpflichtungen gegenüber den Vollzugsorganen nachgekommen ist, oder ob noch offene Verpflichtungen bestehen. Zudem werden Informationen über durchgeführte Kontrollen gegeben. Sie zeigen, inwieweit ein Unternehmen den GAV einhält. Wenn eine Firma bereits eine GAV-Kontrolle bestanden hat, kann sie für alle ihre Mitarbeitenden ISAB-Karten anfordern. Der/die Baustellenleiter/-in verfügt somit über einen zuverlässigen Beleg zum Unternehmen, das auf der Baustelle tätig ist.
eBadges.
Das Projekt kommt voran, der Staat Wallis und die verschiedenen Sozialpartner – darunter die PBK – arbeiten mit Volldampf in Arbeitsgruppen, Projekt- und Steuerungskomitees, damit die ersten Badges schon dieses Jahr verfügbar sind.
Einer der Projektpartner ist niemand geringerer als ISAB-SIAC. Dies wird eine perfekte Kompatibilität zwischen den ISAB-Karten und den eBadges ermöglichen. Geplant ist ebenfalls, den Zugang der Unternehmen über ein gemeinsames Portal zu erleichtern. In diesem Sinne wird jetzt eine Verbindung zwischen e-business und ISAB entwickelt. Dadurch kann ein Unternehmen seine Arbeitnehmenden mit einem Klick importieren und sie dem Verband eBadges effizient verfügbar machen.
Die Vergaberegeln der eBadges sind in einer Verordnung festgelegt, die vom Staatsrat sehr bald genehmigt wird und die AGEntsGBGSA vervollständigen wird. Mehrere Gruppen haben an dieser Verordnung gearbeitet. Sie definiert die Art der individuellen Kontrollmittel, je nach den unterschiedlichen Herausgebern des Projekts.
Mit dem eBadge-Projekt wird in der Schweiz erstmalig ein Berufsausweis offiziell anerkannt, der die Einhaltung der Arbeitsregeln bestätigt und auf einer gesetzlichen Grundlage basiert und nicht nur auf einer freiwilligen Initiative.
VVBK und Samstagsarbeit.
Der 2016 gegründete VVBK verfolgt das Ziel der Verstärkung der Baustellenkontrollen im Rahmen des Bundesgesetzes über die minimalen Arbeits- und Lohnbedingungen für Arbeitnehmer/-innen, die in die Schweiz entsendet wurden, und über die flankierenden Massnahmen (EntsG). Der VVBK führt zudem die Kontrollen durch, die in den Zuständigkeitsbereich der paritätischen Berufskommissionen fallen – insbesondere was das Samstagsarbeitsverbot und die illegale Arbeit (Schwarzarbeit) im Sinne der Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge anbetrifft.
Seit mittlerweile acht Jahren sind die VVBK-Kontrolleure jeden Samstag im Kanton Wallis unterwegs, um die Betrüger aufzuspüren. Dieses Vorgehen hat sich bewährt. Ihre Beobachtungen werden umgehend an die paritätischen Berufskommissionen zur weiteren Bearbeitung übermittelt. Wenn diese einen Verstoss gegen einen GAV feststellen, verhängen sie eine Konventionalstrafe.
Der VVBK hat in acht Jahren viel Erfahrung gesammelt. Auf politischer Ebene ist der VVBK zum Sprachrohr der PBK des Baugewerbes geworden. Wenn man beispielsweise die Sozialpartner beim Projekt eBadges repräsentieren möchte, wendet man sich an den VVBK. Dem VVBK wurde ebenso die Aufgabe anvertraut, eine Lösung für die Samstagsarbeit auf der LONZA-Baustelle in Visp zu finden.
Der VVBK erhält neuen Antrieb. Seine Entwicklung wird von anderen Berufen mit Interesse verfolgt. Manche haben sogar die Aufsichtskommission (die wie ein Vorstand fungiert) kontaktiert, um ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem VVBK für Kontrollen vor Ort auch an Werktagen, auszudrücken. Angesichts der Anfragen, die bei der Aufsichtskommission eingehen, arbeitet diese an Ideen für die Zukunft des VVBK. Diese Vision zeugt von Offenheit und weiterer Öffnungsbereitschaft, sowohl was Mitglieder wie auch Aktionen vor Ort anbelangt.
Baustellenkontrollen (Statistiken – Jahresvergleich).
Inklusive dem Covid-Baustopp vom 15. März bis 11. April 2020, Samstagen, Brückentagen und der offiziellen Woche des Bauhandwerks.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||||||||
01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | |||
Unterwallis | Spontankontrollen | Baustellen | 91 | 140 | 122 | 122 | 84 | 97 | 84 | 97 | 96 | |
Anwesende | 215 | 403 | 280 | 306 | 225 | 226 | 183 | 225 | 268 | |||
angekündigte Kontrollen | unbesetzte Baustellen | 11 | 18 | 18 | 29 | 23 | 24 | 5 | 18 | 9 | ||
besetzte Baustellen | 6 | 10 | 12 | 6 | 8 | 6 | 4 | 3 | 1 | |||
Anzahl Personen | 16 | 22 | 26 | 22 | 23 | 22 | 13 | 11 | 6 | |||
Feststellungen SUVA | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||||||||
01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | |||
Mittelwallis | Spontankontrollen | Baustellen | 53 | 58 | 44 | 57 | 34 | 47 | 42 | 39 | 37 | |
Anwesende | 105 | 116 | 102 | 133 | 73 | 101 | 71 | 72 | 74 | |||
angekündigte Kontrollen | unbesetzte Baustellen | 6 | 14 | 8 | 15 | 20 | 16 | 13 | 12 | 14 | ||
besetzte Baustellen | 7 | 8 | 8 | 10 | 5 | 7 | 8 | 7 | 7 | |||
Anzahl Personen | 20 | 16 | 25 | 26 | 13 | 13 | 15 | 12 | 14 | |||
Feststellungen SUVA | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | ||||||||
01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | 01-06 | 07-12 | |||
Oberwallis | Spontankontrollen | Baustellen | 41 | 34 | 29 | 17 | 22 | 41 | 13 | 10 | 2 | |
Anwesende | 101 | 137 | 70 | 70 | 168 (LONZA AS Gerüste) | 297 (LONZA AS Gerüste) | 83 | 27 | 6 | |||
angekündigte Kontrollen | unbesetzte Baustellen | 12 | 17 | 4 | 21 | 14 | 10 | 33 | 26 | 12 | ||
besetzte Baustellen | 6 | 5 | 3 | 4 | 4 | 6 | 0 | 14 | 3 | |||
Anzahl Personen | 14 | 23 | 10 | 313 (davon 244 Lonza 1 SA) | 24 | 14 | 0 | 55 | 8 | |||
Feststellungen SUVA | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
MyBM.
Das Bureau des Métiers wird Ende 2024 den Unternehmen die IT-Lösung MyBM anbieten, um die Vergabe der eBadges zu vereinfachen und die Einhaltung der GAV-Vorgaben zu gewährleisten. Die PBK haben die GAV direkt auf die Plattform geladen. Dadurch wird das Unternehmen, das gegen den GAV verstösst, sofort eine Warnung über die Art des Fehlers erhalten und kann diesen selbst beheben, ohne eine PBK-Kontrolle notwendig zu machen. MyBM bietet nicht nur diese Funktionalitäten, sondern erleichtert deutlich den Alltag des Unternehmens, indem es die Arbeitszeiten seiner Mitarbeitenden, die Baustellenplanungen, die Lohnausweise, die Regierapporte und vieles mehr in Echtzeit registriert. Die Mitarbeitenden können ihrerseits die Arbeitszeiten, die Abwesenheiten, die Reisezeiten und das verwendete Material jederzeit eintragen und sich zu einem Kurs der Branche anmelden, der vom Bureau des Métiers in Zusammenarbeit mit den PBK angeboten wird. Zwei Unternehmen haben am 15. März 2024 eine Testphase begonnen und am 10. Juni 2024 beginnt eine zweite Testreihe mit mehreren Unternehmen. Diese Tests konnten die Bedürfnisse der Unternehmen ans Licht bringen und ermöglichten eine Verbesserung der IT-Lösung, damit sie der grösstmöglichen Menge an Firmen zu Gute kommt.
MyBM ist ein modernes Tool, um die Zeit für die Verwaltungsarbeit rund um die Mitarbeitenden zu verkürzen.